Zum Inhalt springen

Von Sinn und Unsinn – Hunde richtig impfen!

Eine durchaus gängige Praxis bei vielen Hundehaltern besteht darin, den eigenen Hund jedes Jahr impfen zu lassen. Schließlich wird es von seinem Tierarzt so empfohlen und dieser wird wohl wissen, was das Beste für den eigenen Vierbeiner ist. Einige Impfstoffe, wie z.B. jener für Tollwut, halten immerhin drei Jahre, dann jedoch müssen auch sie nachgeimpft werden- zumindest wenn man weiterhin mit dem Hund in den Urlaub, in die Hundeschule etc. gehen möchte. Doch hält so eine Tollwutimpfung eigentlich nur drei Jahre, oder nicht doch deutlich länger?

Problematik

Höchstwahrscheinlich werden die meisten Hunde deutlich zu oft geimpft. Denn was vielen Tierhaltern nicht bewusst ist, wissenschaftlich ist die Dauer über Ein- oder Dreijahresimpfungen nicht begründet, denn die Angabe steht im reinen Ermessen des Herstellers. So können Impfstoffhersteller Produkte mit der Empfehlung der jährlichen Nachimpfung auf den Markt bringen, ohne vorher erforscht zu haben, wie lange der Impfstoff wirklich aktiv ist. Belegt werden muss lediglich die auf dem Beipackzettel angegebene Dauer, welche häufig viel zu kurz ausfällt – in der Humanmedizin wäre so etwas undenkbar.

Das Impfchaos- Wie oft? Was? Wann?

Die gängigen Hauptimpfstoffe, welche jeder Hund haben sollte sind Staupe, Parvovirose, Hepatitis. Diese können einzeln oder in Kombination geimpft werden. Am häufigsten werden die meist günstigeren Kombi-Impfungen angewandt, wobei der Halter oft nicht einmal genau weiß, was da in den Hund gespritzt wird. Die Kombiprodukte tragen häufig Namen wie SHPPi oder SHPPi/L, SA2PPi/L oder auch DHPPi/L – dahinter verbergen sich Abkürzungen für die einzelnen Impfstoffe. Zahlreiche und weit verbreitete Verwendung finden vor allem die Kombinationen Tollwut-Leptospirose und Staupe-Hepatitis-Parvovirose-Parainfluenza, sowie Staupe-Hepatitis-Parvovirose-Parainfluenza- Leptospirose-Tollwut. Außerdem gibt es weitere Impfstoffe wie Babesiose, Borreliose, Leishmaniose, Tetanus und Bordetella. Eine ausführliche Liste aller zugelassenen Impfstoffe ist hier einzusehen. Um zu wissen wogegen der Hund bereits geimpft ist, reicht ein einfacher Vergleich mit der Abkürzungslegende (siehe unten). Um zu wissen wogegen er geimpft werden sollte, müssen wir noch etwas genauer werden.

S = Staupe (D für Distemper)

P = Parvovirose

H = Hepatitis

A 2 = Adenovirus 2 (Hepatitis)

PI = Parainfluenza (Zwingerhustenerreger)

L = Leptospirose

T = Tollwut

B. b. = Bordetella bronchiseptica (Zwingerhustenerreger)

SHP (oder SA2P) = Kombi-Impfstoff gegen Staupe-Hepatitis-Parvovirose

SHPPi (SHA2PPi) = Kombi-Impfstoff gegen Staupe-Hepatitis-Parvovirose-Parainfluenza

SHPPi/L (SHA2PPi/L) = Kombi-Impfstoff gegen Staupe-Hepatitis-Parvovirose-Parainfluenza- Leptospirose

SHPPi/LT (SHA2PPi/LT) = Kombi-Impfstoff gegen Staupe-Hepatitis- Parvovirose-Parainfluenza-Leptospirose-Tollwut

 

Staupe:

Bei Staupe handelt es sich um eine Viruserkrankung, welche vor der Entwicklung des Impfstoffes in den 1960er Jahren, eine der verlustreichsten Hundekrankheiten war. Staupe kann verschiedene Organe befallen und hat deshalb einen unterschiedlichen Krankheitsverlauf. Klassische Symptome sind Lungenentzündung, Nasen- und Augenausfluss, Erbrechen, Durchfall, Fieberschübe oder auch Hyperkeratose, was einer Verhornung der Sohlenballen und des Nasenspiegels entspricht. Wenn der Virus sich im zentralen Nervensystem ausbreitet können auch Bewegungsstörungen, Lähmungen etc. auftreten. Staupeviren sind eng verwandt mit dem menschlichen Masernvirus. Menschen sind nach einer zweimaligen Grundimmunisierung ihr Leben lang geschützt, Langzeitstudien (DOI) haben ebenfalls einen langjährigen Staupeschutz nachgewiesen, es wurde ein Zeitraum von sieben Jahren untersucht. Die Studien wurden nicht nur durch das Messen von Antikörpern belegt, sondern auch durch eine Belastung mit Staupeviren der Versuchstiere. Wahrscheinlich ist, dass der Impfstoff ein Hundeleben lang hält.

Parvovirose:

Parvovirose kann vor allem bei sehr jungen und alten ungeschützten Hunden  häufig vorkommen. Die Hunde stecken sich durch den Kot bereits infizierter Tiere an. Die Symptome sind Fieber, blutiger Durchfall, Mattheit, Appetitlosigkeit und Erbrechen. Die Krankheit ist hoch ansteckend und verläuft akut. Studien haben ebenfalls einen Impfschutz von mindestens sieben Jahren festgestellt.

Hepatitis:

Hepatitis wird durch Adenoviren übertragen und ist eine ansteckende Leberentzündung. Symptome sind ebenfalls Fieber, Erbrechen, Durchfall, außerdem können Blutungen und neurologische Störungen auftreten. Übertragen wird Hepatitis durch Körperflüssigkeiten, wobei besonders Harn eine Rolle spielt. US-Studien haben einen neunjährigen Impfschutz belegt.

Zwingerhusten:

Zwingerhusten ist eine Erkrankung der Atemwege, welche hauptsächlich von Hund zu Hund (über die Luft oder durch Tröpfcheninfektion) übertragen wird. Typische Symptome sind Husten mit Schleimauswurf. Da es verschiedene Erreger gibt, welche am Zwingerhustenkomplex beteiligt sind, kann eine Impfung niemals die Krankheit komplett am Ausbruch hindern, vielmehr kann diese möglicherweise weniger stark verlaufen. Die Krankheit heilt jedoch meistens von alleine aus, so dass eine Impfung nicht notwendig ist.

Leptospirose:

Leptospirose wird hauptsächlich durch den Harn von Nagetieren, wie Ratten und Mäuse übertragen , erste Symptome sind Fressunlust, Fieber und Erbrechen. Leptospirose-Impfungen sind äußerst umstritten, denn die können viele Nebenwirkungen hervorrufen, da sie aus ganzen Bakterien hergestellt werden. Der Impfstoff kann eine erhöhte Reaktion des Immunsystems hervorrufen, welcher Allergien oder sogar Hirnschäden auslösen kann. Außerdem kommen Lepto-Erkrankungen durch die zahlreichen verschiedenen Stämme auch bei durchgeimpften Hunden vor.  Geschützt wird gerade einmal gegen vier von 200 vorkommenden Untertypen. Möchte man seinen Hund trotzdem gegen Leptospirose impfen lassen, um das Risiko einer Erkrankung zumindest zu vermindern, muss die Impfung jedes Jahr wiederholt werden.

Borreliose:

Borreliose ist eine durch Zecken übertragene Krankheit, welche unbehandelt einen schweren Verlauf nehmen kann. Die Impfung ist ebenfalls äußert umstritten, da sie lediglich gegen eine Art von Erreger schützt, welcher bei uns jedoch kaum anzutreffen ist. Des Weiteren wird auch dieser Impfstoff aus ganzen Bakterien hergestellt und ist damit anfällig für Nebenwirkungen. Außerdem ist das Risiko, dass ein infizierter Hund erkrank äußerst gering, es sollte aber auf einen guten Zeckenschutz geachtet werden. Ähnliches gilt übrigens für einen Impfstoff gegen Babesiose, dessen Wirksamkeit nicht belegt ist.

Tollwut:

Tollwut ist eine hochinfektiöse Krankheit, die durch verschiedene Tierarten übertragen wird und fast immer tödlich endet. Auch wenn Deutschland tollwutfrei ist, werden die meisten Hunde regelmäßig dagegen geimpft, um mit ihnen verreisen zu können. Möglicherweise ist das nicht einmal so verkehrt, denn ein sehr geringes Restrisiko durch importierte Tiere besteht. Schon bei einem kleinen Verdacht mit dem Erreger in Kontakt gekommen zu sein, müssen ungeimpfte Tiere außerdem meist mit dem Leben büßen. Tollwut wird nicht vor der 12. Lebenswoche geimpft.

 

Festzuhalten ist also, dass sinnvolle und wichtige Impfungen Staupe, Parvovirose und Hepatitis sind. Für diese Impfungen reicht eine Grundimmunisierung, das heißt im Welpenalter wird der Hund dreimalig geimpft und hat dann einen lebenslangen Schutz. Mehr dazu später. Möchte man mit seinem Hund verreisen oder anderweitig aktiv werden, ist auch eine Tollwutimpfung Voraussetzung. Für die Tollwutimpfung ist ein mindestens für drei Jahre gültiger Impfstoff auf dem Markt.

Übrigens: Der Impfstandard nach StiKo Vet empfiehlt eine Nachimpfung nur alle DREI Jahre, während in den meistens Tierarztpraxen nur ein Jahr im Ausweis vermerkt wird – das entspricht also nicht dem offiziellen Impfstandard. Für Leptospirose und Parainfluenza (Zwingerhusten) liegt dieser weiterhin bei jährlichen Nachimpfungen.

 

Die Grundimmunisierung

Die Grundimmunisierung erfolgt meist im Welpenalter und dient dem ersten Aufbau eines Impfschutzes. Hierbei werden mehrere Impfungen in relativ kurzen Abständen verabreicht. Die Grundimmunisierung spielt eine große Rolle, um einen zuverlässigen Impfschutz aufzubauen, sie bezieht sich auf die Impfungen von Staupe, Parvovirose und Hepatitis. Die Impfungen werden zum ersten Mal in der 8. Lebenswoche verabreicht und dann zwei weitere Male im Abstand von drei bis vier Wochen bis zur 16. Lebenswoche. Warum so häufig? Der Welpe bekommt von der Mutter sogenannte maternale Antikörper, welche ihn in den ersten Lebenswochen bereits vor Infektionen schützen. Diese können einen erfolgreichen Impfschutz verhindern, je nach Welpe ist das unterschiedlich und aufwändig zu bestimmen. Da nicht genau bekannt ist, wann der Schutz der maternalen Antikörper seine Wirkung verliert (irgendwann zwischen der 8. Und 16. Lebenswoche) wird der Welpe in dieser Zeit mehrfach geimpft, um den Schutz vor Infektionen aufrechtzuerhalten. Die Grundimmunisierung ist mit der Impfung im Alter von 15. Monaten abgeschlossen und gewährt in den meisten Fällen einen sehr langen- bis hin zu lebenslangem Impfschutz. Wenn die Grundimmunisierung einmal erfolgreich abgeschlossen wurde, ist es unter keinen Umständen nötig, diese erneut durchzuführen, egal wie viel Zeit bis zu der möglichen Nachimpfung vergangen ist.

 

Titerkontrollen

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist das Titermessen – so könnte man zumindest meinen. Dabei wird die Konzentration der vorhandenen Antikörper überprüft und somit geschaut, ob eine Nachimpfung notwendig ist. Ist der Spiegel hoch genug, muss das Tier nicht erneut geimpft werden.

Monika Peichl schreibt in ihrem Buch „Hunde impfen- Der kritische Ratgeber“: Nachimpfungen mit Viruslebendimpfstoffen bewirken höchstens einen kurzfristigen Anstieg des Antikörperspiegels (= Titer). Spätestens nach ein paar Monaten fällt er wieder auf die vorherige Höhe.

Ein Tier mit einem hohen Titer kann sich nicht mit der entsprechenden Krankheit infizieren, das heißt jedoch nicht automatisch, dass es ungeschützt ist, sobald der Titer fällt. Die Gedächtniszellen sorgen dafür, dass das Tier sich infizieren kann, dabei jedoch nicht erkrankt. Deshalb muss der niedrige Titer keineswegs ein Zeichen für eine Nachimpfung darstellen, nur damit dieser wieder ansteigt. Manchen Tierärzten ist die Titerbestimmung also eine willkommene Möglichkeit Einbußen durch nicht verabreichte Impfstoffe auszugleichen, leider nutzt es dem Tierhalter aber nicht viel.

Trotzdem stellt die Titermessung zumindest einen Kompromiss zwischen Tierhalter und Veterinären dar, denn die meisten Titermessungen ergeben einen Impfschutz von mindestens sieben Jahren. Auch wenn der Impfstoff vermutlich noch länger hält, gibt der Titer meistens einen handfesten Beweis über einen längeren bestehenden Schutz, als auf dem Impfbeipackzettel angegeben ist.

 

Nebenwirkungen

Natürlich können auch Impfungen Nebenwirkungen enthalten, wirklich schwerwiegende sind dabei jedoch äußert selten. Mit abnehmendem Körpergewicht steigt das Risiko für eine Impfreaktion. In dem meisten Fällen treten nach einer Impfung Störungen in der Befindlichkeit auf, wie z.B. Fieber, Abgeschlagenheit, Schmerzempfindlichkeit an der Einstichstelle etc.

Ebenfalls weitestgehend harmlos sind kleine Entzündungen an der Einstichstelle, welche einen Knubbel entstehen lassen können. Dieser sollte nach wenigen Tagen wieder verschwinden. Wächst er jedoch, könnte es sich um ein Impfsarkom handeln, was möglichst schnell untersucht werden sollte. Bei Hunden ist das jedoch ebenso sehr selten.

Deutlich schwerwiegender können hingegen allergische Reaktionen auf Impfstoffe sein, welche bis hin zu einem anaphylaktischem Schock führen können. Anzeichen können Schwellungen, Durchfall und Erbrechen, Atemnot und das Anschwellen von Körperteilen (besonders Gesicht, Hals, Augenlieder) sein.

Möglich sind auch Ödeme, Hauterkrankungen, Lähmungen und Erkrankungen des Nervensystems, Koordinationsstörungen bis hin zu Geschwüren, welche durch die Verklumpung von Antigenen verursacht werden. Impfungen stehen außerdem in Verdacht Autoimmunerkrankungen auslösen zu können.

Hat ein Hund wirklich eine schwere Impfnebenwirkung bekommen, muss genau überlegt werden ob und was er je wieder geimpft bekommt.

 

Die Argumente impfeifriger Tierärzte

Natürlich lässt sich über die genauen Hintergründe von Tierärzten, welche immer noch jährlich impfen nur spekulieren, jedoch begründen sie dieses gegenüber ihren Kunden häufig mit den Vorgaben des Herstellers oder versuchen zu überzeugen, dass eine Ansteckung nach einem Jahr nicht ausgeschlossen werden kann und wie obligat es ist den Schutz, aufgrund der vielen „lauernden“ Krankheitserreger, aufrecht zu erhalten. Natürlich wird versucht den Kunden von der Notwendigkeit möglichst vieler Impfungen zu überzeugen – das manche Impfstoffe nur wenig bis gar nicht nützlich sind, wird verschwiegen. Es wird versucht, dem Kunden ein schlechtes Gewissen einzureden, falls er so unverantwortlich handelt und sein Tier nicht präventiv schützt. Amerikanische Studien werden oft kritisch beäugt, oder sogar als schlichtweg manipuliert und somit unwahr dargestellt. Ich wage es zu unterstellen, dass ein realistischer Grund die nicht zu unterschätzenden Einnahmen von Impfungen sind, welche natürlich wegfallen, wenn die Tiere nur noch maximal alle drei Jahre geimpft werden, möglicherweise spielt auch ein Mangel an Fortbildung eine Rolle.

Ein durchaus nachvollziehbarer Grund warum Tierärzte sich an die Impfvorgaben nach der StiKo Vet halten, ist sicherlich der rechtliche Aspekt. Wer sich an diese Vorgaben möglichst genau hält, steht rechtlich immer auf der sicheren Seite, während zu viel Experimentierfreude mit einem zu langem Impfintervall durchaus Probleme geben kann, falls ein Hund dennoch erkrankt. Trotzdem ist es natürlich möglich auf eigenen Wunsch den Intervall zwischen den Nachimpfungen zu erweitern.

 

Fazit

Eine jährliche Impfung, ist bei keinem wichtigen Impfstoff mehr nötig. Selbst der Impfstandard hat sich seit 2006 dahingehend aktualisiert, dass die meisten Impfungen nur noch alle drei Jahre erneuert werden müssen (eine Ausnahme bleiben weiterhin Leptospirose und Parainfluenza, welche meiner Meinung nach aber nicht notwendig sind). Viel wichtiger als die Nachimpfungen, ist jedoch die Grundimmunisierung, denn wenn diese korrekt durchgeführt wurde, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Hund gegen die meisten Infektionskrankheiten, gegen welche geimpft wird, ein Leben lang immun bleibt. Starke Impfreaktionen sind eine Seltenheit, trotzdem ist es nicht notwendig einen Organismus, welcher genügend Antikörper besitzt, stetig erneut zu impfen. Ein jeder Hundebesitzer sollte sich deshalb ausreichend über diese Thematik informieren und dann selbst entscheiden was dem eigenen Hund geimpft wird und wie oft dieses geschehen soll, möglicherweise können Titerkontrollen bei der Entscheidung behilflich sein.

Rating: 3.1/5. From 24 votes.
Please wait...